Vorwurf: Versuchter Totschlag
Aktuell befassen wir uns mit einem sehr spannenden und komplexen Verfahren beim Schwurgericht in Düsseldorf. Da diese noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist, möchte ich zum Schutz des Mandanten aber noch nicht darüber berichten, sondern stattdessen über einen Fall aus dem vergangenen Jahr.
Aus der Sicht des Strafverteidigers:
Bereits morgens auf dem Weg zum Büro klingelt mein Telefon „Frau A. (umbenannt) hat angerufen, die Polizei war gerade bei ihr. Sie ist sehr aufgeregt, wollte aber nichts weiter sagen“.
Das hört sich zunächst eher nach Routine an, ich ging von einer Durchsuchung aufgrund eines vorliegenden Tatverdachts aus und stellte mich gedanklich darauf ein, dass ich die Mandantin zu mir ins Büro bestellen und dort den Papierkram erledigen würde. Doch ein Anruf änderte den Tagesplan schlagartig. Frau A. berichtet mir, dass bereits in der Nacht ein Polizeieinsatz durchgeführt wurde, und man ihren Mann festgenommen habe, ihre Söhne seien geflohen. Als Tatvorwurf nannte Sie mir versuchten Mord.
Im Kopf des Strafverteidigers rattert es bereits während dieses Telefonats welche Kollegen man wohl anrufen und um Übernahme der Mandate bitten kann.
Es gilt im Strafrecht: Pro Verteidiger nur ein Mandant. Der Wunsch die gesamte Familie zu vertreten war daher aus rechtlichen Gründen nicht möglich.
Glücklicherweise bin ich gut vernetzt und konnte direkt weitere Kollegen erreichen und alarmieren, die sich dann sofort mit mir abgestimmt haben. Ein Kollege fuhr direkt in Richtung Polizeigewahrsam und platzte sofort in die laufende Vernehmung um diese unverzüglich zu beenden.
Ich widmete mich im weiteren Verlauf einem der geflüchteten Söhne und nahm sofort Kontakt mit der Mordkommission und Staatsanwaltschaft auf um Informationen zu erlangen und das weitere Vorgehen zu besprechen. Wir erfuhren, dass es wohl so war, dass die Schwester der Familie des Mandanten an eine Person aus dem Rockerkreis gelangt war, und dieser das Mädchen zur Prostitution treiben wollte. Das fand die Familie des Mandanten -nachvollziehbar- nicht schön und versuchte das Thema unter Inanspruchnahme der Polizei zu regeln, leider ohne Erfolg.
Darauf folgte die folgenschwere Entscheidung, dass man sich der Sache selbst als Familie annehmen muss. Es war allerdings bekannt, dass die Person aus dem Rockerumfeld als gefährlich und kampferprobt galt. Deswegen stattete sich der bis dato unbescholtene Vater mit Küchenmessern zur Verteidigung aus und suchte die Gegenpartei auf. Die Söhne bekamen dies mit und machten sich aus Angst um den Vater auch auf den Weg um diesen an der Wohnung des Rockers abzufangen.
Der Vater klingelte jedoch bereits und die Situation eskalierte schlagartig. Der Rocker versah sich mit Quarzhandschuhen und eilte schreiend die Treppe herunter. Er schlug unmittelbar auf die Familie ein und es kam dann zum mehrfachen Messereinsatz mit sehr tiefen Stich- und Schnittwunden bei dem Rocker. Dieser war lebensgefährlich verletzt und zog sich eine Seitenstraße zurück, wo er kurze Zeit später von einem Rettungswagen gefunden wurde. Er schwebte akut in Lebensgefahr und musste sofort Notoperiert und später mehrfach nachoperiert werden, überlebte letztlich aber mit sehr viel Glück.
Flucht oder Untersuchungshaft?
Als Strafverteidiger weiß man, dass Flucht in den seltensten Fällen dauerhaft funktioniert, und noch viel seltener eine gute Idee ist. Deswegen verabredete ich mit der Mordkommission einen Termin, zu dem ich dann mit dem Mandanten erschienen bin. Wir machten zu diesem Zeitpunkt aufgrund der noch unklaren Sachlage von seinem Aussageverweigerungsrecht gebrauch und der zuständige Staatsanwalt sah von einer Vorführung beim Haftrichter aufgrund unseres freiwilligen Erscheinens und der recht sicheren Erkenntnis, dass der Mandant kein Messer benutzt hat, ab.
Der Vater hingegen wurde dem Haftrichter vorgeführt, und dieser ordnete Untersuchungshaft an.
Wie es weiterging berichte ich im nächsten Teil.
Ihr Fachanwalt für Strafrecht in Krefeld
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