Beschluss vom 19.12.2024 – 2 StR 389/24
Hintergrund
In seinem Beschluss vom 19. Dezember 2024 (Az. 2 StR 389/24) hebt der Bundesgerichtshof (BGH) ein Urteil des Landgerichts Frankfurt a. M. auf, weil die in der Hauptverhandlung eingesetzten Dolmetscher für die paschtunische Sprache nicht ordnungsgemäß vereidigt waren. Das Verfahren betraf zwei Angeklagte, denen versuchter Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zur Last gelegt wurde.
Der Verfahrensfehler: Fehlende Vereidigung trotz Behauptung
In der Hauptverhandlung hatten sich die Dolmetscher auf eine angeblich bereits erfolgte allgemeine Beeidigung berufen. Eine solche Beeidigung im Sinne des § 189 Abs. 2 GVG lag tatsächlich jedoch nicht vor. Das Landgericht verzichtete dennoch auf eine Einzelvereidigung gemäß § 189 Abs. 1 GVG.
Der BGH stellte fest, dass dieses Vorgehen rechtsfehlerhaft war:
- Die §§ 185, 189 GVG verpflichten zur ausdrücklichen Vereidigung von Dolmetschern vor ihrem Einsatz in der Hauptverhandlung.
- Ein Verzicht auf diese Formalie ist in Strafsachen grundsätzlich nicht zulässig, selbst wenn der Dolmetscher gutgläubig handelt.
Auswirkungen auf das Urteil
Das Urteil beruht nach Ansicht des BGH regelmäßig auf der unterlassenen Vereidigung eines Dolmetschers. Dies gilt insbesondere, wenn dieser wahrheitswidrig angibt, allgemein beeidigt zu sein. Denn:
- Der Zweck der Vereidigung besteht darin, dem Dolmetscher die besondere Verantwortung für die Wahrheit bewusst zu machen.
- Ein formaler Verstoß gegen § 189 GVG kann nur in Ausnahmefällen als unerheblich gewertet werden, etwa wenn die Qualität der Übersetzung auf andere Weise nachweisbar gesichert ist.
- Solche Ausnahmeumstände lagen im vorliegenden Fall nicht vor.
Folge: Der Schuldspruch gegen den Angeklagten S wurde mitsamt den Feststellungen aufgehoben. Die Revision des Mitangeklagten J hatte aus anderen formellen Gründen ebenfalls Erfolg.
Bedeutung für die Praxis
Der Beschluss verdeutlicht, wie gravierend Formverstöße im Strafprozess sein können. Gerade bei Sprachmittlungen sind Gerichte verpflichtet, die gesetzlich vorgeschriebenen Verfahrensstandards strikt einzuhalten.
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