§§ 140 StPO regelt, dass der Angeklagte in besonderen Verfahren oder Verfahrenskonstellationen zwingend von einem Rechtsanwalt vertreten sein muss. Verstößt das Gericht gegen diese gesetzliche Regelung, so ist das Urteil auf die Revision des Angeklagten hin aufzuheben.

Das Gesetz sieht die Pflicht zur Anwesenheit eines Verteidigers in den folgenden Fällen vor:

  • § 140
    Notwendige Verteidigung

(1) Ein Fall der notwendigen Verteidigung liegt vor, wenn

1. zu erwarten ist, dass die Hauptverhandlung im ersten Rechtszug vor dem Oberlandesgericht, dem Landgericht oder dem Schöffengericht stattfindet;
2. dem Beschuldigten ein Verbrechen zur Last gelegt wird;
3. das Verfahren zu einem Berufsverbot führen kann;
4. der Beschuldigte nach den §§ 115, 115a, 128 Absatz 1 oder § 129 einem Gericht zur Entscheidung über Haft oder einstweilige Unterbringung vorzuführen ist;
5. der Beschuldigte sich auf Grund richterlicher Anordnung oder mit richterlicher Genehmigung in einer Anstalt befindet;
6. zur Vorbereitung eines Gutachtens über den psychischen Zustand des Beschuldigten seine Unterbringung nach § 81 in Frage kommt;
7. zu erwarten ist, dass ein Sicherungsverfahren durchgeführt wird;
8. der bisherige Verteidiger durch eine Entscheidung von der Mitwirkung in dem Verfahren ausgeschlossen ist;
9. dem Verletzten nach den §§ 397a und 406h Absatz 3 und 4 ein Rechtsanwalt beigeordnet worden ist;
10. bei einer richterlichen Vernehmung die Mitwirkung eines Verteidigers aufgrund der Bedeutung der Vernehmung zur Wahrung der Rechte des Beschuldigten geboten erscheint;
11. ein seh-, hör- oder sprachbehinderter Beschuldigter die Bestellung beantragt.

(2) Ein Fall der notwendigen Verteidigung liegt auch vor, wenn wegen der Schwere der Tat, der Schwere der zu erwartenden Rechtsfolge oder wegen der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage die Mitwirkung eines Verteidigers geboten erscheint oder wenn ersichtlich ist, dass sich der Beschuldigte nicht selbst verteidigen kann.

 

Es wird deutlich, dass es dem Gesetzgeber, anders als in zivilrechtlichen Verfahren, nicht auf die finanzielle Leistungsfähigkeit des Angeklagten ankommt, sondern vielmehr eine Prognose mit Blick auf die zu erwartenden Rechtsfolgen anzustellen ist.

Neben dem enumerativen Katalog des § 140 Abs. 1 StPO eröffnet insbesondere die unbestimmte Regelung des § 140 Abs. 2 StPO einen weiten Anwendungsspielraum.

Den breitesten Anwendungsraum bietet sicherlich die Annahme der notwendigen Verteidigung bei einer Straferwartung von einem Jahr Freiheitsstrafe. In diesem Falle ist das Gericht verpflichtet, einen Verteidiger zu bestellen.

Ebenfalls von besonderer Bedeutung ist auch die Gefahr erheblicher Nebenfolgen, also etwa zivilrechtlichen Ansprüchen, die aus dem Strafprozess heraus folgen, oder eben schwierigen Rechtsfragen, die für die Beurteilung der Schuldfrage jedoch maßgeblich sind.