Die allgemeinen und prinzipiell für alle Arten des Strafverfahrens geltenden Verfahrensgrundsätze, Prozessmaximen und -voraussetzungen werden durch die Vorschriften der Abgabenordnung für Strafverfahren in Steuerstraftaten teilweise modifiziert.

  • 393 Abs. 1 S. 1 Abgabenordnung sieht eine grundsätzliche Trennung zwischen Besteuerungs- und Strafverfahren vor. Beide Verfahren werden daher parallel und nebeneinander geführt. Dabei gelten für das Besteuerungsverfahren die Regeln der Abgabenordnung, für das Strafverfahren die allgemeinen Regeln der StPO unter Berücksichtigung der sich nach § 385-404 Abgabenordnung ergebenden Besonderheiten.

Aus dem Grundsatz „Nemo tenetur se ipsum accusare“ („Niemand ist dazu verpflichtet, sich selbst anzuklagen“, einer der wichtigsten Grundsätzen für Strafprozesse) folgt für das allgemeine Strafrecht, dass kein Beschuldigter an seiner Verfolgung und Verurteilung mitwirken muss, und es daher eine Selbstbelastungsfreiheit gibt.

Im Steuerrecht hingegen gibt es die Mitwirkungspflicht zur Ermittlung und Offenbarung von für die Besteuerung ursächlichen Sachverhalten. Das dadurch auftretende Spannungsverhältnis wird durch die Regelung des § 393 Abgabenordnung gelöst:

Diese Regelung erklärt in Abweichung von den allgemeinen Vorschriften der AO für das Steuerfestsetzungsverfahren (§ 93 AO) Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen für nicht erzwingbar, wenn sich der Steuerpflichtige durch die Mitwirkung einer Steuerstraftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit bezichtigen würde. Damit durchbricht § 393 Abs. 1 S. 2 AO grundsätzlich die Selbstständigkeit beider Verfahren.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass entsprechend der Regelungen der Abgabenordnung das fiskalische Besteuerungsinteresse unter bestimmten Voraussetzungen über das staatliche Interesse an der Strafverfolgung dominiert. Der Täter wird um den Preis der Strafverfolgung zur korrekten Besteuerung aufgefordert.