In seinem Beschluss vom 6. März 2025 – 3 StR 249/24 hat der Bundesgerichtshof (BGH) eine bedeutende Entscheidung zur Dolmetscherpflicht in der Hauptverhandlung getroffen. Im Mittelpunkt stand die Frage, ob das Fehlen eines Dolmetschers im Sinne des § 185 Abs. 1 GVG vorliegt, wenn zwar ein Dolmetscher anwesend ist, dieser jedoch nachträglich als ungeeignet gerügt wird.
Hintergrund der Entscheidung
Dem Verfahren lag die Revision eines Angeklagten zugrunde, der unter anderem wegen schweren Bandendiebstahls verurteilt worden war. Der Beschwerdeführer beanstandete, dass in der Hauptverhandlung ein Dolmetscher anwesend war, der zuvor in einem Parallelverfahren als Pflichtverteidiger eines Mitangeklagten tätig war. Aufgrund dieser Vorverbindung stellte er dessen Unparteilichkeit in Frage und sah darin eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren.
Kernaussage des BGH
Der BGH stellte klar: Die bloße frühere Tätigkeit als Verteidiger in einem verwandten Verfahren stellt keinen absoluten Revisionsgrund dar, der die Anwesenheit eines Dolmetschers im Sinne von § 338 Nr. 5 StPO entfallen lässt. Maßgeblich sei, dass der Dolmetscher tatsächlich anwesend und tätig war. Ob ein Ablehnungsgrund vorliegt, ist eine andere – ggf. isoliert zu prüfende – Frage, berührt aber nicht die gesetzlich geforderte Präsenzpflicht.
„Ein Fehlen im Sinne des § 338 Nr. 5 StPO liegt nicht vor, wenn ein Dolmetscher während der gesamten Hauptverhandlung anwesend ist und seiner Funktion nachkommt.“ – BGH, Beschl. v. 6.3.2025 – 3 StR 249/24
Bedeutung für die Praxis
Diese Entscheidung ist richtungsweisend für Verfahren mit nicht deutschsprachigen Angeklagten:
-
Die bloße Kritik an der Eignung oder Unparteilichkeit eines Dolmetschers reicht nicht aus, um eine Verletzung der Verfahrensvorschriften geltend zu machen.
-
Ein Verstoß gegen § 338 Nr. 5 StPO liegt nur dann vor, wenn überhaupt kein Dolmetscher anwesend ist oder dieser objektiv untätig bleibt.
-
Die Möglichkeit einer Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit bleibt davon unberührt – bedarf aber des rechtzeitigen und formal korrekten Vorgehens.
Bewertung durch die Strafverteidigung
Für Verteidiger bedeutet das Urteil eine Klarstellung im Umgang mit Dolmetscherfragen in der Hauptverhandlung. Die Schwelle zur erfolgreichen Geltendmachung eines Verfahrensfehlers ist hoch. Es empfiehlt sich daher, etwaige Bedenken unverzüglich zu rügen und im Einzelfall auch auf eine Dokumentation der Dolmetscherleistung hinzuwirken.
Fachliche Beratung im Strafrecht
Rechtsanwalt Tim Cörper, Fachanwalt für Strafrecht, berät Sie kompetent zu allen Fragen der Hauptverhandlung im Strafprozess und zu Revisionsverfahren vor dem Bundesgerichtshof.
Pauls Cörper Rechtsanwälte PartGmbB
Friedrichstr. 17, 47798 Krefeld
Telefon: 02151 – 56 98 000
E-Mail: info@pauls-coerper.de