In seinem Urteil vom 27. Februar 2025 – 5 StR 287/24 befasste sich der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit der strafrechtlichen Verantwortlichkeit bei sogenannten Firmenbestattungen. Im Zentrum der Entscheidung stand die Frage, wann eine Person als faktischer Geschäftsführer im Sinne des Strafrechts gilt – auch wenn sie nicht formal bestellt wurde.

Ausgangspunkt: Beihilfe oder doch Täterschaft?

Das Landgericht Leipzig hatte den Angeklagten wegen Beihilfe zum Bankrott (§ 283 StGB) und zur vorsätzlichen Insolvenzverschleppung (§ 15a InsO) verurteilt. Die Staatsanwaltschaft legte Revision ein – mit Erfolg. Der BGH hob die Entscheidung auf, weil das Landgericht den Angeklagten zu Unrecht nicht als Täter, sondern lediglich als Gehilfen eingestuft hatte.

Sachverhalt: Firmenübernahmen, Strohmänner und Vermögensverschiebung

Der mehrfach vorbestrafte Angeklagte war als sogenannter „Firmenbestatter“ tätig. Er übernahm gezielt sanierungsbedürftige Unternehmen – teils über eine bulgarische Ein-Mann-GmbH – und setzte geschäftsunerfahrene Strohleute als formelle Geschäftsführer ein. Diese agierten ausschließlich auf Anweisung und erhielten dafür symbolische Gefälligkeiten. In Wirklichkeit steuerte der Angeklagte die Unternehmen vollständig selbst. Er entzog ihnen Vermögenswerte und sorgte dafür, dass Insolvenzanträge nicht gestellt wurden.

Die Rechtsfrage: Wer ist faktischer Geschäftsführer?

Das Landgericht lehnte eine Täterschaft des Angeklagten ab, da er keine „klassischen Geschäftsführungsaufgaben“ übernommen habe – wie Personalentscheidungen, Steuerfragen oder Vertragsverhandlungen. Der BGH sah das anders:

Eine faktische Organstellung kann auch dann vorliegen, wenn keine werbende Tätigkeit mehr ausgeübt wird und es dem Täter allein um die Aushöhlung der Restsubstanz des Unternehmens geht.

Es komme nicht auf einen formalen Kriterienkatalog an, sondern auf die tatsächliche Verantwortungsübernahme in der Unternehmensführung – insbesondere bei Pflichten, die dem Vertretungsorgan vorbehalten sind (z. B. Bilanzierung, Insolvenzantragspflicht). Wer diese de facto übernimmt, handelt als Täter.

Bedeutung der Entscheidung

Der BGH verdeutlicht mit dieser Entscheidung:

  • Firmenbestatter haften strafrechtlich als Täter, wenn sie unter dem Deckmantel eines Strohmanns faktisch die Unternehmensgeschicke lenken.

  • Eine Vertretung nach außen ist nicht zwingend erforderlich, insbesondere wenn das Unternehmen faktisch nicht mehr aktiv am Markt teilnimmt.

  • Die Täterschaft kann sich aus der bewussten Missachtung der Pflichten eines Geschäftsführers ergeben, auch ohne formelle Bestellung.

Die Entscheidung stärkt die Durchsetzung des Strafrechts in Wirtschaftsstrafsachen mit komplexen Einflussverhältnissen, insbesondere bei Insolvenzdelikten.

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