Die Hauptverhandlung
Wie bereits geschildert hatten wir es mit einem spannenden Verfahren zu tun, innerhalb dessen eine Person lebensgefährlich verletzt wurde und gegen einen der potentiellen Verursacher die Untersuchungshaft angeordnet wurde.
Weiter aus der Sicht des Strafverteidigers:
Im Rahmen der Besprechungen wurde immer konkreter, dass es sich bei dem Geschädigten viel mehr um den eigentlichen Aggressor handeln könnte.
Die Tatverdächtigen schilderten jeder für sich, dass es eigentlich nur darum gehen sollte, das junge Mädchen nicht in die Prostitution abrutschen zu lassen, und dass man gleichzeitig davon ausgehen musste, dass es zu einem Angriff des Geschädigten kommen würde, da dieser damit nicht einverstanden ist.
Es war bekannt, dass der „Geschädigte“ massiv wegen Gewalt- und Drogendelikten vorbestraft ist und von seiner Charakterbildung zu einer handfesten Konfliktlösung neigt.
An dem konkreten Abend war es dann wohl so, dass an der Haustür der Person geklingelt wurde, und diese sich dann bereits mit Quarzhandschuhen versehen auf den Weg nach unten gemacht hat, verbunden mit der Ansage, dass jetzt abgerechnet werde.
Diese Details wurden von ihm im Rahmen der Vernehmungen natürlich nicht offenbart, vielmehr hatte man dort den Eindruck, dass ihm aufgelauert worden sei, und er grundlos angegriffen wurde. Unstreitig war jedenfalls, dass es mehrere Messerstiche in den Torso dieser Person gab, und dieser im Ergebnis vom Rettungswagen in die Notaufnahme verbracht werden musste.
Die Staatsanwaltschaft legte die Vernehmung des „Geschädigten“ einer Anklage zu Grunde und fertigte eine solche mit dem Vorwurf des versuchten Totschlages zum Schwurgericht des Landgerichts.
Hinterhalt oder Notwehr?
Notwehr ist in §32 StGB legal definiert. Dort heißt es:
„Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.“
Die Verteidigung bereitete sich auf alle Szenarien vor, denn es war offensichtlich, dass es sich hier um einen Fall handeln würde, der sich an den Grenzen der Notwehr bewegt.
Als problematisch war sicherlich zu berücksichtigen, dass eine Person sich vor dem „Besuch“ mit Messern bewaffnet hat und daher zumindest vorbereitet war. Zur Sicherheit entschlossen wir uns daher noch einen Täter-Opfer Ausgleich durchzuführen um im Falle der Verurteilung von einer Strafrahmenverschiebung profitieren zu können.
Im Rahmen der Hauptverhandlung zeichnete sich dann aber schnell das Bild von einem kampferfahrenen und zur Gewalt neigenden „Geschädigten“ der ohne zu zögern unmittelbar nach dem Klingeln eine körperliche Auseinandersetzung suchte. Aufgrund der erheblichen Überlegenheit kam das Landgericht letztlich zum Schluss, dass sich der Mandant des Messers versehen durfte um diesen Angriff wirksam und effizient zu beenden – die Verteidigung mithin „notwendig“ im Sinne des Gesetzes war.
Im Ergebnis wurden alle Angeklagten daher zu Recht vom Vorwurf des versuchten Totschlags freigesprochen.
Ihr Fachanwalt für Strafrecht in Krefeld
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